Jeder fünfte Migrant in Deutschland ist selbstständig. Eine Vielzahl davon sind Gründer sehr erfolgreicher Unternehmen, die auf dem Markt kaum mehr verzichtbar sind und daher einen relevanten Wirtschaftsfaktor darstellen. Doch der Weg bis dahin war - und er ist es bis heute - für keinen Migranten leicht. Vielmehr sehen sich viele, die es schaffen wollen, besonderen Erschwernissen gegenüber. Neben sprachlichen Hürden stoßen viele Migranten besonders wegen der hiesigen, ausgeprägten, bürokratischen Erfordernisse häufig an ihre Grenzen. Denn - im Gegensatz zu den originär deutschsprachigen Mitbewerbern - ist den Gründern fremdländischer Herkunft die schiere Unzahl an Rechtsvorschriften keineswegs vertraut. 

Damit diese in Deutschland ein erfolgreiches Unternehmen gründen können, bedarf es eines überdurchschnittlichen Engagements wie auch eines damit verbundenen erhöhten Durchhaltevermögens. Das bezieht die Kenntnis der lokalen Vorschriften wie auch der Geschäftsumgebung mit ein. 

Im Folgenden haben wir die wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Selbständigkeit kurz zusammengefasst.

Machbarkeitsstudie

Zunächst muss die Geschäftsidee ebenso auf ihre Machbarkeit wie auf ihre Erfolgsaussichten überprüft werden. Bevor Zeit und Ressourcen in die Umsetzung investiert werden, muss daher sichergestellt sein, dass 

• es einen Bedarf für das Produkt oder die Dienstleistung gibt,

• das vorgesehene Geschäftsmodell umsetzbar ist,

• ein oder mehrere Alleinstellungsmerkmale vorliegen, um sich von der Konkurrenz abzuheben.

Businessplan 

Ein detaillierter Businessplan ist zu erstellen. In diesem müssen

• die Geschäftsziele, 

• die Zielgruppe(n),

• geeignete Marketingstrategien,

• entstehende Betriebskosten und

• entsprechende Finanzprognosen

beschrieben und aufgeschlüsselt werden.  

Müssen Investoren oder Finanzierungspartner involviert werden, ist der Inhalt eines gründlich ausgearbeiteten Businessplans eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage.

Rechtliche Aspekte

Das Gebot, sich möglichst umfassend zu informieren, betrifft vor allem einzuhaltende Rechtsvorschriften und ggf. auch weitere spezielle Anforderungen. 

Üblicherweise bedarf es  

• einer Gewerbeanmeldung,

• allgemeiner oder spezieller Genehmigungen, die abhängig vom Gewerbe erforderlich sind, 

• evtl. auch bestimmter Lizenzen oder 

• der Beantragung spezifischer Zertifizierungen.

Dazu sollte frühzeitig zu lokalen Behörden und Kammern Kontakt aufgenommen werden, um dort alle notwendigen Genehmigungen und Zulassungsvoraussetzungen für die jeweilige Selbstständigkeit zu erfragen. Mögliche zusätzliche Anforderungen und Bestimmungen kann es in jeder Region oder Stadt in Deutschland geben. Im Einzelfall kann dies von erheblicher Bedeutung sein. So ist beispielsweise denkbar, dass der Gründungswillige sich unter den Voraussetzungen seines Wohnortes zur Selbstständigkeit entschieden hatte. In einer anderen Region hingegen könnte ihm jedoch die Selbständigkeit versagt sein, da er die dort zu erfüllenden Voraussetzungen nicht erfüllen kann.

Finanzierung sicherstellen

In den ersten Monaten oder Jahren können die Ausgaben der Selbstständigkeit die Höhe der generierten Einnahmen deutlich übersteigen. Ursächlich dafür sind hohe Gründungskosten oder auch die Kosten, die zur Aufrechterhaltung des Betriebs erforderlich sind. Unverzichtbar ist folglich, dass der Unternehmensinitiator über ausreichend Kapital verfügt, um diese Zeit zu überbrücken. 

Dementsprechend ist es sehr ratsam, zuvor zu überprüfen, ob 

• Fördermittel,

• Darlehen,

• spezifische Darlehen für Migranten,

• oder Darlehen für Gründer 

in Anspruch genommen werden können oder müssen.

Netzwerk: Auf- und Ausbau

Idealerweise führen geschäftliche Kontakte zu einer Win-Win-Situation, bei der beide Seiten profitieren. 

Jeder Unternehmens-Pionier steht vor vielen neuen Herausforderungen. Noch mehr gilt dies für migrantische Gründer, da diese i.d.R. mit der deutschen Bürokratie weniger vertraut sind. Migrantische Kontakte innerhalb des Netzwerks haben eine ähnliche Perspektive wie der Gründer. Sie kennen und verstehen deshalb die gefühlten oder tatsächlichen Hürden des Einstiegs in die Selbstständigkeit besser. Synergieeffekte sind die Folge, aus der sich weitere Chancen und Vorteile ergeben, die sich weit über das migrantische Unternehmensnetzwerk hinaus erstrecken. Verantwortlich dafür sind etwa auch Erfahrungsberichte, neue Entwicklungen, Beurteilungen der Marktsituation oder auch rechtliche Änderungen, die auf informellem Wege mitgeteilt werden können und somit eine zeitnahe Optimierung ermöglichen. 

Es empfiehlt sich daher, das breite Spektrum an Gelegenheiten zu nutzen, um Kontakte zu knüpfen und ein Netzwerk aufzubauen. 

Zu diesen gehört etwa 

• der Besuch lokaler Events, wie Versammlungen oder sonstiger Zusammenkünfte Gleichgesinnter - oder auch potentieller Kunden -,

• der Besuch von - oder bestenfalls der eigene Messestand auf -  entsprechenden Eventveranstaltungen oder Unternehmertreffen.

Dabei handelt es sich um perfekte Gelegenheiten, um potenzielle Kunden, Geschäftspartner und beispielsweise auch Mentoren kennenzulernen, da diese sehr wahrscheinlich die gleichen - oder zumindest sehr ähnliche - Interessen vertreten. Auch eine Recherche im Internet kann sich lohnen. 

Denkbar ist daher beispielsweise auch, entsprechende Vereinigungen oder Verbände migrantischer Unternehmer zu finden und an entsprechenden Treffen teilzunehmen.

Sprachkenntnisse 

Um als selbständiger Unternehmer im deutschsprachigen Raum erfolgreich zu kommunizieren und Geschäfte in vollumfänglicher Kenntnis von Leistung und Gegenleistung abzuwickeln, sind hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache zwingend erforderlich. Das betrifft zielgruppengerechte Marketingmaßnahmen einschließlich gezielter Werbung gegenüber Kunden ebenso wie zur Argumentation gegenüber potentiellen oder bestehenden Geschäftspartnern, um beispielsweise Kooperationen oder Investitionen zu fördern. Relevant ist das Verständnis der deutschen Sprache schließlich auch bei Eingriffen des Staates in die Grundrechte. Effektiver Schutz davor in Form eines Widerspruchs, einer Stellungnahme oder beispielsweise auch einer Klage muss stets in verständlicher Form zum Ausdruck gebracht werden.

Kulturelle Sensibilität

Um mit deutschen Kunden und Geschäftspartnern erfolgreich zusammenzuarbeiten, empfiehlt sich die Beherrschung der deutschen Etikette und Geschäftskultur. Missverständnisse können dann erfolgreich vermieden werden.

Als allgemeine Richtlinien gelten:

• Pünktlichkeit,

• Formalität und Höflichkeit,

• Klare Kommunikation,

• Geschäftsstruktur und -hierarchie,

• Geschäftsessen und -treffen,

• Verlässlichkeit und Qualität,

• Vertragsbindung und

• Gesellschaftliche Verantwortung

Steuerliche Aspekte

Die Flut steuerrechtlicher Vorschriften mag viele Gründer abschrecken. Unbedingt erforderlich ist es allerdings, die steuerlichen Pflichten und Regelungen für Unternehmen in Deutschland zu kennen und entsprechend umzusetzen. Auch aufgrund komplizierter Sprache kann dies insbesondere für Gründer migrantischer Herkunft zu erheblichen Verständnisproblemen führen. Da es mit erheblichen Folgen verbunden sein kann, wenn die entsprechenden Vorgaben verletzt oder nicht erfüllt werden, ist es ratsam, einen Fachkundigen, bestenfalls einen Steuerberater zu konsultieren. Dieser stellt die ordnungsgemäße Verwaltung der Steuerangelegenheiten sicher.

Marketing und Vertrieb

Um Produkte oder Dienstleistungen bekannt zu machen und entsprechend interessierte Kunden zu gewinnen, ist eine tragfähige Marketingstrategie erforderlich. Um dies zu erreichen und entsprechende Reichweite zu generieren, empfiehlt sich die Nutzung digitaler Plattformen und sozialer Medien. Dementsprechend bietet es sich beispielsweise an, Anzeigen oder etwa auch Blogbeiträge auf Facebook oder auch Linkedin zu veröffentlichen.

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit

Ein Unternehmer muss sich auch kurzfristig auf unvorhergesehene Ereignisse einstellen und dementsprechend flexibel auf Veränderungen reagieren können. Wird dies erforderlich, muss der Businessplan entsprechend angepasst werden.